Flankierende Massnahmen, Simona Ciuccio

Galerie Wenger, Zürich, Juni 2015

Christoph Eisenring (*1983 in Winterthur) hat in den letzten Jahren ein Werk entwickelt, das durch subtile Setzungen in Zeichnung, Fotografie und Installation besticht. Dabei steht die scharfsinnige Befragung oft alltäglicher, auf den ersten Blick unspektakulärer, nahezu banal erscheinender Dinge im Vordergrund, die der Künstler mit Bedacht auswählt und zum Motiv erhebt.

Unabhängig vom verwendeten Medium zeichnet sich Eisenrings Werk durch eine zarte Formästhetik aus. Sein Vokabular besteht dabei aus einfachen und klaren Formen und Materialien, aus fast unsichtbaren Eingriffen in bestehende architektonische Situationen und aus einer stark reduzierten Farbpallette. Durch diese Konzentration der Mittel werden Entscheidungen, Interventionen und Relationen zu Momenten von zentraler Bedeutung. Sei dies die Auswahl einer spezifischen Form und Gestaltung eines Gegenstandes, dessen präzise Positionierung innerhalb der Bildfläche oder des Ausstellungsraumes oder sei dies das spannungsvolle Ins-Verhältnis-Setzen von Figur und Grund sowie von Werk und Betrachter. Ebenso bestimmend für Eisenrings Arbeiten werden Eigenschaften und Bedingungen unterschiedlicher Präsentationsformen wie beispielsweise die Farbnuancen des Blattweiss, die Beschaffenheit des Passepartouts oder die Art und Weise der Rahmung. Auch das Verhältnis zwischen der Grösse des Werkes und dem des Betrachters, sowie die Positionierung des Werkes auf der Wand werden Bestandteil des Ganzen.

Dabei scheinen diese unterschiedlichen Ebenen seiner Kunstwerke stets aufeinander zu verweisen. Und die aus dem Alltag bekannten abgebildeten Gegenstände lassen sich inhaltlich nicht unabhängig von den formalen Elementen fassen, denn Wesen, Material und Darstellung werden hierarchisch gleichgestellt. Dadurch ergeben sich Momente potenzierter Bedeutung, aber auch Widersprüche sowie Brüche und es entstehen Momente der Verdoppelung, Umkehrung, Reflektion und Verschiebung. Was auf den ersten Blick wie eine in sich schlüssige, von Harmonie durchdrungene ruhende Einheit erscheint, gibt sich auf den zweiten Blick als Kippfigur zu erkennen. Mit unerwarteten Wendungen und einem feinen visuellen Witz werden Sehgewohnheiten spielerisch aufgebrochen. Solche scharfsinnigen Irritationsmomente unterstreicht der Künstler mit seinen oft pointierten Werktiteln.

Christoph Eisenring hat seine erste Einzelausstellung Flankierende Massnahmen genannt. Der aus der Politik stammende Begriff beschreibt einen Eingriff in einen Handlungsablauf. Der Künstler versteht seine Werke denn auch als Stücke, die an der Peripherie verortet, durch das Massnehmen, das Begrenzen, das Eingrenzen und Unterteilen, den Blick auf das Zentrale erst möglich machen. So wird dem Beiläufigen, den Randerscheinungen oder eben den flankierenden Massnahmen Wichtigkeit und Schönheit beigemessen.