Drei Eingänge in ein Dorf, Josiane Imhasly

Zur frohen Aussicht, Ernen, Juni 2019

Aus drei filigranen, poetischen und zurückhaltenden Stücken besteht Christoph Eisenrings Arbeit für Ernen. Was auf den ersten Blick rein formale Eingriffe aus Rechtecken und Kreisen zu sein scheinen, entpuppt sich als vielschichtig lesbare Intervention, die das Dorf als Gefüge hervorhebt und umspannt.

Der Titel Drei Eingänge in ein Dorf weist darauf hin, dass es sich bei den Formen um stilisierte Türen handelt. Eisenring deutet Eingänge an, wo keine sind, aber er verdoppelt oder spiegelt sie auch. An einem der Zugänge zur Kirche, am Zendenrathaus und an einem Speicher befestigt er seine Stücke aus lackiertem Aluminiumblech. Die drei Gebäude repräsentieren religiöse und weltliche Macht sowie Landwirtschaft. Die ihnen zugewiesenen Funktionen haben sich zwar längst verschoben, dennoch bleiben sie prägend für das Dorf.

Die gewählten Formen verweisen auch auf universelle Zusammenhänge, wie etwa der Kreis oder die verdoppelte Sense. Die Sense als urgeschichtliches Werkzeug wurde im Mittelalter mit dem Sensenmann nicht zuletzt zu einem Sinnbild für den Tod. Diese und weitere Referenzen – etwa die Kirche als Ort, an dem mit Taufe, Ehe oder Beerdigung verschiedene Übertritte beschlossen werden – machen die Türen als Metaphern für Übertritte, Ein- und Austritte auf weltlicher wie transzendenter Ebene lesbar. Die runde Form erinnert nicht zuletzt an Sonne und Mond, Tag und Nacht, ein Aspekt der auch beim Rathaus wieder aufgenommen wird. Hier wird der Eingang als Lichtspalt einer angelehnten Tür nur nachts sichtbar. Dieser leuchtende Spalt, den manche von uns als Kind als beruhigend empfanden, hat hier auch etwas Bedrohliches. Und immer bleibt das Gefühl: wer durch die Türe tritt, fällt aus der Zeit.